- Abstillen ja oder nein? Mögliche Gründe
- Welche Methode zum Abstillen ist die richtige? Eine Entscheidungshilfe
- Durchziehen oder Abbrechen?
- Abstillmethoden im Überblick: Wie kann ich mein Kind abstillen?
- Abstillen mit der Ferber-Methode
- Sanftes Abstillen nachts
- Langsames Abstillen mit kleinen Tricks
- Kindgeleitetes Abstillen
- Quellen
Abstillen ja oder nein? Mögliche Gründe
Jedes Kind stillt sich früher oder später selbst ab. Häufig kommt es jedoch vor, dass Mütter diesen Prozess aus vielfältigen Gründen beschleunigen wollen oder müssen. Mögliche Ursachen für den Wunsch, vor allem nachts abzustillen, sind unter anderem:
- Schlafmangel und übermäßiger Stress durch nächtliches Dauernuckeln
- Wiedereinstieg in den Job
- der Wunsch der Mutter, ihren Körper wieder für sich zu haben
- das Bedürfnis der Mutter, wieder unabhängiger zu sein
- Probleme beim Stillen wie wunde Brustwarzen, zu viel/wenig Milch
- Kinderwunsch oder bestehende Schwangerschaft
Unabhängig von deinen Motiven sind die nachfolgend aufgeführten Ideen für dich mindestens eine Anregung, auf deren Grundlage du deinen eigenen Weg finden wirst.

Welche Methode zum Abstillen ist die richtige? Eine Entscheidungshilfe
Ebenso unterschiedlich wie die Gründe für das Abstillen sind die Herangehensweisen. Jede Mutter kennt ihr Baby am besten und weiß, was die diesem zumuten kann oder mag und was nicht. Je nachdem, wie hoch der Leidensdruck ist und je nach Temperament von Mutter und Baby kann mal das eine, mal das andere Vorgehen das „Richtige“ sein.
Wichtig ist immer, dass die Bedürfnisse aller Beteiligten trotz allem bestmöglich erfüllt werden. Das Baby sollte trotzdem die Nähe, Präsenz und Liebe der Mutter spüren, auch wenn ihm die Brust verwehrt bleibt. Das kann zeitlich versetzt passieren, beispielsweise wird tagsüber mehr gekuschelt, wenn abends und nachts mit weniger Nähe zu rechnen ist. Oder es gibt einen exklusiven Mama-Tag, nachdem du von einem Kurztrip zurückkommst. Trotzdem musst du mit großen Protesten und vielen Tränen rechnen, wenn du an liebgewonnenen Gewohnheiten schraubst und selbst abwägen, ob sich der Versuch für dich unter diesen Umständen lohnt. Stelle dir diese Fragen und spüre in dich hinein:
- Was genau möchtest du erreichen? Wirst du nur nachts abstillen oder auch tagsüber?
- Bist du felsenfest überzeugt, dass dies der Moment dafür ist?
- Erträgst du alternativ noch weitere Monate oder gar Jahre des (nächtlichen) Stillens und oft wenig erholsamer Nächte?
- Oder nimmst du einige Tage oder Wochen in Kauf, in denen sich die Situation vorübergehend verschlechtert, bevor hoffentlich Erleichterung eintritt?
- Bist du körperlich und mental in der Lage, dein Baby durch diese schwere Zeit der Umstellung zu begleiten? Ist dein Baby körperlich gesund und belastbar?
Durchziehen oder Abbrechen?
Bleib bei aller Entschlossenheit flexibel genug, um das Vorhaben abzubrechen, sollte sich etwas nicht (mehr) richtig anfühlen. Wenn du merkst, dass du verzweifelst und ins Wanken gerätst, ob du die ganze Sache noch durchziehen kannst oder möchtest, brich das Ganze ab. Tu das, was für dich und deine Familie passt. Du kannst es ohne Probleme in ein paar Monaten erneut probieren, wenn du soweit bist – und vielleicht ist es bis dahin auch dein Baby. Das Abstillen funktioniert dann einfacher und mit weniger Abschiedsschmerz. Wenn irgend möglich, sollte dein Kind bereits den ersten Geburtstag gefeiert haben, bevor ihr etwas Einschneidendes an eurer Stillbeziehung ändert.
Abstillmethoden im Überblick: Wie kann ich mein Kind abstillen?
Hier nun ein Überblick über verschiedene Methoden, das Abstillen anzugehen. Je nachdem, wie dringend der Wunsch ist, mit dem Stillen aufzuhören, kommen unterschiedliche Ansätze in Frage. Mit Klick auf die jeweilige Methode kommst du direkt zum zugehörigen Absatz mit einer genauen Beschreibung der Vorgehensweise.
Methode | Vorteile | Nachteile | Für dich geeignet? |
---|---|---|---|
Ferber-Methode (Kast-Zahn / Morgenroth) | Schnelle Ergebnisse, genaue Vorgaben zum Vorgehen | Zerreißprobe für die Nerven aller Beteiligten, Bindung zum Baby und Urvertrauen leiden, aus evolutionärer Sicht problematisch | Wenn du schon alles probiert hast und nun einen Notfallplan brauchst. Wenn du sehr robuste Nerven und eine stabile Bindung zu deinem Kind hast. |
Sanftes Abstillen (Dr. Gordon) | Relativ kindgerecht, Baby wird in seiner Not nicht alleine gelassen | Vorgehen nach der Uhzeit für das Baby unverständlich | Wenn du eine einfach zu befolgende Struktur suchst, dein Kind aber nicht alleine schreien lassen möchtest. |
Langsames Abstillen mit kleinen Tricks | Kindgerecht, liebevolle Vorbereitung auf das selbstständige Schlafen | Es wird eine Weile dauern, bis sich die gewünschten Ergebnisse einstellen | Wenn du gerne so viel Zeit investierst, wie dein Kind braucht, um sich ohne zu viele Tränen von der Brust zu entwöhnen. |
Kindgeleitetes Abstillen | Baby stillt sich selbst ab, sobald es die Brust nicht mehr benötigt – definitiv die sanfteste Methode | Baby stillt sich selbst ab, sobald es die Brust nicht mehr benötigt – definitiv die sanfteste Methode | Wenn du die Stillbeziehung genießt und keinen Leidensdruck hast, etwas zu verändern. |
Abstillen mit der Ferber-Methode
Das sogenannte „Ferbern“ ist die wohl am heißesten diskutierte Methode. In Deutschland liegt die bekannteste Adaption in Form des Buches „Jedes Kind kann schlafen lernen“ vor. Die vielfache Kritik am „Schreienlassen“ liegt wohl auch daran, dass die Methode vielfach falsch oder unvollständig zitiert wird. Es geht nicht darum, das Kind einfach hinzulegen, wegzumarschieren und es so lange schreien zu lassen, bis es schläft. Von diesem Vorgehen raten die Autoren explizit ab. Tatsächlich wird vorausgesetzt, dass ein verlässlich strukturierter Tagesablauf und liebevolle Rituale das Schlafengehen unterstützen.
Die Methode basiert schließlich darauf, das müde Kind nach der üblichen Abendroutine wach in sein Bett zu legen und den Raum nach einem kurzen Abschied zu verlassen. Wenn das Kind weint, warten die Eltern anfangs zwei und schrittweise bis zu zehn Minuten, bevor sie wieder in das Zimmer gehen, um das Kind (durch ein bis zwei Minuten Präsenz, gut zureden und streicheln) zu beruhigen. Dies wiederholt sich so lange, bis das Baby alleine in seinem Bett eingeschlafen ist. Dasselbe Schema wird auch bei nächtlichem Erwachen und den Schläfchen tagsüber angewendet.
Zu bedenken ist, dass dieses Vorgehen Stillkinder gleich in dreifacher Hinsicht besonders hart trifft: Nicht nur wird der Zugang zur süßen Muttermilch verwehrt, es fehlt auch der Körperkontakt und schließlich sogar die Anwesenheit eines Elternteils.
Dieses Vorgehen zeigt zwar rasche Erfolge, jedoch widerspricht es dem Instinkt vieler Mütter, dem weinenden Baby sofort Trost zu spenden. Reagierst auch du körperlich und seelisch auf das Geschrei deines Nachwuchses? Ist dein Kind von Natur aus eher sensibel und ängstlich? Dann wähle lieber eine andere Methode.
Sanftes Abstillen nachts
Das sanfte Abstillen nach Dr. Jay Gordon ist eine beliebte und relativ kinderfreundliche Methode zum nächtlichen Abstillen. Natürlich wird auch dieser Weg mit Tränen und Protest verbunden sein, doch die Mutter bleibt ihrem Baby hier stets der Fels in der Brandung. Niemand wird mit seinen starken Emotionen allein gelassen. Es darf gekuschelt, gestreichelt und gesungen werden, um den Nachwuchs zu beruhigen. Denk daran: Auch Zorn und Traurigkeit dürfen sein. Diese negativen Emotionen sind berechtigt und zeitlich begrenzt. Sie rauschen durch den Körper und machen sich im Falle des Babys durch Weinen, Schreien und Toben Luft, bevor sie schließlich abflauen. Das ist in Ordnung.
Vorab empfehle ich dir, deinem Kind, egal wie viel oder wenig es verstehen mag, deine Situation zu erklären. Erzähle ihm, wie gerne du es gestillt hast (und weiterhin stillst), und warum es nun nicht mehr so häufig an die Brust darf. Finde eine kindgerechte Ausdrucksweise. Viele Mamas sagen etwa, die Brust brauche eine Pause und würde nachts ebenfalls schlafen, oder die Muttermilch sei ausgegangen und das Kleine müsse warten, bis es wieder etwas gibt (zum Beispiel, wenn die Sonne aufgeht). Falls es wahr ist, berichte ruhig, dass deine Brustwarzen weh tun und du deshalb eine Weile auf das Stillen verzichten möchtest.
Nun also das Vorgehen über zehn Tage im Detail:
Wähle einen Zeitraum von sechs oder sieben Stunden, in dem du nachts nicht mehr stillen möchtest. Davor und danach kannst du stillen wie gehabt, nur in dieser Zeitspanne muss das Baby auf andere Art und Weise in den Schlaf finden.
In den ersten drei Nächten darf beim ersten Erwachen im gewählten Zeitfenster nochmal kurz gestillt werden, das Baby muss jedoch abgedockt werden, bevor es wieder einschläft. Als Einschlafhilfe darf die Mutter nun kuscheln, streicheln, im Arm wiegen, Händchen halten, mit dem Kind sprechen, ihm vorsingen oder was immer hilfreich erscheint. Allerdings sollte das Kind dabei im Bett bleiben, ansonsten besteht die Gefahr, dass es sich als neues Einschlafritual an das Herumtragen oder sonstige aufwändige Methoden gewöhnt.
In der vierten bis sechsten Nacht wird die Einschlafhilfe im gewählten Zeitfenster weiter reduziert. Es darf nun gar nicht mehr gestillt werden. Die anderen Methoden sind weiterhin erlaubt.
Ab Tag sieben sollen die Nächte bereits ruhiger geworden sein. Das Kind darf zum Weiterschlafen ab jetzt nicht mehr auf den Arm genommen werden. Ein kurzer Körperkontakt oder ein paar ruhig gesprochene Worte reichen nun (hoffentlich) aus, damit das Kind wieder in den Schlaf findet.
Langsames Abstillen mit kleinen Tricks
Um die Stillfrequenz zu reduzieren oder das (nächtliche) Stillen mit etwas Glück sogar ganz auszuschleichen, können zunächst einige kleine Tipps befolgt werden. Vielleicht ist einer davon genau das, was bei deinem Kind funktioniert. Probiere es einfach aus!
Klassischerweise werden nach und nach die Stillmahlzeiten durch feste Nahrung ersetzt. Dabei kommen Brei, Fingerfood oder ganze Portionen vollwertiger Gerichte zum Einsatz. Lass dein Kind nicht zu hungrig werden, da es sonst nicht auf das Essen warten kann und will. Das führt dazu, dass es die Brust verlangen wird, denn dort lockt schließlich die stets verfügbare, süße Milch. Halte am besten immer eine paar gesunde Snacks für Notfälle bereit und lege griffbereit eine Kleinigkeit ans Bett (Klassiker bei uns: Bananen).
Manchmal hilft es auch, das Kind abzulenken, wenn es gerade an die Brust möchte. Geh mit ihm an die frische Luft, kuschelt euch mit dem Lieblingsbuch unter einer Decke oder kocht gemeinsam eine Kleinigkeit, während der Nachwuchs fleißig die Zutaten erkunden darf.
Hilfreich ist außerdem, wenn die Brust tagsüber wie auch nachts doppelt bedeckt und eingepackt ist, um den Geruch nach Muttermilch zu dämpfen. Liegt die Brust unter einem T-Shirt und einer Decke verborgen, ist die Versuchung, mal eben ein Schlückchen zu nehmen, bei vielen Babys durchaus geringer. Auch ein wenig mehr Abstand zwischen Mutter und Kind im Familienbett kann helfen.
Eine Methode, um das Stillen zumindest vom Einschlafen zu entkoppeln, ist das Entziehen der Brust, kurz bevor dem Baby endgültig die Augen zufallen. Zunächst stillst du wie gehabt, doch sobald du merkst, dass das Baby ganz knapp davor ist, ins Land der Träume zu driften, entziehst du die Brust. Es kann gut sein, dass es Proteste und Tränen gibt. Lass das Baby dann einfach weiter nuckeln, bis es erneut fast einschläft. Wiederhole diesen Prozess so oft wie nötig. Irgendwann wird das Kind so schläfrig sein, dass es den etwas zu frühen Entzug der Brust akzeptiert und trotzdem einschläft. Dieses Vorgehen wiederholst du nun allabendlich und versuchst dabei, den Zeitraum zwischen dem Abdocken und dem Einschlafen immer ein wenig mehr zu verlängern. So gewöhnt sich dein Kind daran, auch ohne Brustwarze im Mund einzuschlafen.
Sehr vielen Kindern ist auch geholfen, wenn parallel zum Stillen als Beruhigungsmethode eine andere Strategie eingeführt wird, die das Stillen dann langfristig ganz ersetzt. Hervorragend geeignet sind hier nicht nur verlässliche und liebevolle Rituale, sondern auch Schmuseobjekte (auch Übergangsobjekte genannt) wie ein Kuscheltier, eine Decke oder ein Kleidungsstück, das nach Mama riecht. Geht es um das Einschlafstillen, so lege das gewählte Objekt stets neben euch ins Bett, wenn ihr schlafen geht, sodass dein Kind sich an dessen Präsenz gewöhnen kann. Es wird so auch nach und nach eure Gerüche annehmen. Du kannst es auch direkt in das Abendritual einbinden. Das Kind wird dieses Objekt liebgewinnen und unbewusst mit dem Einschlafen verknüpfen. Über einen längeren Zeitraum ersetzt du dann deine Brust oder sogar deine Präsenz im Raum komplett mit diesem Gegenstand.
Weitere Ideen, wie du dein Kind beim Entspannen und Einschlafen unterstützen kannst, findest du in meinem ausführlichen Artikel über Einschlafbegleitung.
Kindgeleitetes Abstillen
Ziemlich selbsterklärend besteht diese letzte Form des „Abstillens“ im Abwarten, bis das Kind soweit ist und die Brust nicht mehr braucht. Das Stillen klingt auf natürliche Weise ab, da andere Methoden zur Verfügung stehen, um sich zu beruhigen, in den Schlaf zu finden oder auch nur „Mama zu tanken“. Es gibt keine Altersgrenze für das Stillen. Solange alle Beteiligten sich mit der Situation wohlfühlen, gibt es keinen Grund, abzustillen.
Quellen
Gordon, J. N. (2015). Night Weaning. Abgerufen 03.01.2020, von https://www.drjaygordon.com/blog-detail/sleep-changing-patterns-in-the-family-bed-most-popular-topic-fzb6w
Imlau, N. & Renz-Polster, H. (2016). Schlaf gut, Baby! Der sanfte Weg zu ruhigen Nächten. München: Gräfe und Unzer.
Kast-Zahn, A. & Morgenroth, H. (1995). Jedes Kind kann schlafen lernen: Vom Baby bis zum Schulkind: Wie Sie Schlafprobleme Ihres Kindes vermeiden und lösen können (2. Auflage). Ratlingen: Oberstebrink & Partner.
Renz-Polster, H. (2009). Kinder verstehen: Born to be wild: Wie die Evolution unsere Kinder prägt (8. Auflage). München: Kösel-Verlag.
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